Autor: Lars Böhler
Lesezeit: 5 Minuten
Wir haben nichts gegen Motorradfahrer, außer…
… pauschale Vorverurteilungen, Stigmatisierungen, mediale Diffamierungen, Streckensperrungen, temporäre Fahrverbote und Kollektivstrafen. Weitere Ideen? Jederzeit willkommen!
Die Rhetorik der treibenden Initiatoren mit Lärmschutzkappe auf dem pfiffigen Haupt nimmt an Deutlichkeit zu, die Maske mit der Aufschrift „fairer Interessenausgleich“ fällt und die Verbotsfratze zeigt sich. Ist man sich innerhalb der einen Initiative einig, dass genug geredet wurde, verweigert die andere den Dialog mit „Lärmterroristen“ in Gänze. Über Biker, statt mit ihnen zu reden ist ja auch was. So weit, so unschön.
Nun liegt es in der Natur verbissener Ideologen, den Dialog zu scheuen, birgt er doch die Gefahr griffiger Gegenargumente, die das eigene Weltbild erschüttern und zum Umdenken zwingen könnten. Am Ende wird womöglich noch das mühsam gezüchtete Image von Weltoffenheit und Toleranz in Frage gestellt. Das geht nicht. Da bleibt man lieber unter sich und erörtert in verschiedenen Foren mit seinesgleichen die Sachlage, findet schnell Konsens dahingehend, was geschehen muss und sollte sich ein kritischer Fragensteller in den Chat gemogelt haben, greift die Sperrfunktion. Klar…wenn Kinder sich verstecken wollen, halten sie sich die Augen zu. Nur sind die dabei niedlich.
Knapp ein Jahr nach dem Lostreten der fragwürdigen Bundesratsinitiative zur Drucksache 125/20 hat sich am Problem der betroffenen Anwohner genau eines geändert, nichts. Wie auch, ist doch weder der Forderungskatalog inhaltlich belastbar, noch der eingeschlagene Weg über den Bundestag und das BMVI in irgendeiner Weise zielführend. Gesetze verschärfen zu wollen, ohne sie in der bestehenden Form jemals konsequent angewendet zu haben ist ebenso dürftig, wie die angestrebte Aufweichung des Bestandsschutzes und die faktische Enteignung gesetzestreuer Besitzer zugelassener Motorräder. Möge der vom Straßenlärm geplagte Anwohner selbst entscheiden, wie das Stimmenfangmanöver seiner zuständigen Lokal- und Landespolitiker zu werten ist. Und vielleicht flammt beim Nachdenken auch der ein oder andere Gedanke auf, dass Motorradfahrer nicht die einzigen sind, die zur Enteignung taugen. Heute wir, morgen ihr? Man weiß es nicht.
Um einer weiteren Verhärtung der Fronten entgegenzuwirken, unserem Respekt gegenüber von Verkehrslärm betroffenen Menschen Nachdruck zu verleihen und einen Blick in die gemeinsame Zukunft mit unseren Motorrädern zu werfen, erarbeiteten mehrere Verbände und Initiativen ein Strategiepapier unter dem Titel „Motorradfahren in Deutschland: Die Zukunft gestalten – Konflikte vermeiden“. Unterschiedlich in den Ansichten, kontrovers in der Debatte, vereint in der Sache trugen wir in vielen Monaten alles zusammen, was das Motorradfahren und uns Biker ausmacht. Wirtschaftliche Faktoren fanden ebenso Berücksichtigung wie die Themen Verkehrssicherheit, Mobilität für junge Menschen und gesellschaftlicher Zusammenhalt. Detailliert zeigt das Papier bestehende Möglichkeiten zur Problemlösung unterhalb von Verboten und Sperrungen auf. Innerhalb der Bundesarbeitsgemeinschaft Motorrad (BAGMO) wurde das Strategiepapier abgestimmt und repräsentiert insofern die Motorrad-Community in Deutschland. Am 06.05.2021 erhielten die beteiligten Verbände und Initiativen die Möglichkeit, das Papier dem Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur Andreas Scheuer in Berlin vorzustellen und zu übergeben.
Über das BMVI wird das Papier den Weg in die Verkehrsministerkonferenz finden und somit Türen, Ohren und Köpfe für zielführende Gespräche öffnen. Eine Sonderkonferenz zum Thema Motorrad böte uns die Möglichkeit, auf höchster verkehrspolitischer Ebene die Anliegen der Motorradgemeinde zu erörtern. Inhaltlich bietet das BAGMO-Papier der Motorradgemeinde viele Argumente und Ansätze für Gespräche und Aktionen auf lokaler Ebene. Manch hilflosem und in blinden Aktionismus verfallenen Kommunalpolitiker bietet Ihr mit der Übergabe des Dokumentes inkl. Foto vor seinem Rathaus eine echte und zudem kostengünstige Alternative zum geplanten oder bereits vollzogenen Beitritt seiner Kommune zu zweifelhaften Organisationen.
Motorräder gehören zum Verkehrsmix und Motorradfahrer gehören zur Gesellschaft. Denn entgegen der öffentlichkeitswirksam betriebenen Stimmungsmache gegen das (verbrennungs-)motorisierte Zweirad kann es in einer freiheitlichen und toleranten Gesellschaft nur heißen…
Wir haben nichts gegen Motorradfahrer…Punkt.