Allgemein
Pass auf, dass Du Deine Freiheit nutzt. Die Freiheit nutzt sich ab, wenn Du sie nicht nutzt. So lautet eine Textpassage aus einem älteren Musikstück des deutschen Künstlers Reinhard Mey. Die Freiheit nutzen klingt gut, nur muss ich dazu zunächst wissen, was Freiheit ist. Die Freiheit des Einzelnen ist derart vielfältig, dass sich meines Erachtens keine allgemeine Definition dafür finden lässt. Während es dem Einen genügt, nicht inhaftiert zu sein, strebt ein Anderer nach einem Leben ohne jedweden gesellschaftlichen Zwang. Letzterer dürfte es ungleich schwerer haben, seine Freiheit zu finden, denn das Korsett der Reglementierung schnürt zuweilen erheblich die Luft ab. Der Amerikaner Henry David Thoreau war es, der im Jahre 1849 die Freiheit als das Recht jedes Einzelnen, sein Leben so zu gestalten, wie es der Gerechtigkeit und den eigenen Überzeugungen entspricht definierte. Beeindruckend, wie ich finde, da sowohl der Gerechtigkeit als auch den Überzeugungen Beachtung geschenkt wird. Dieser Tage scheinen mir Überzeugungen, insbesondere hinsichtlich der eigenen Meinung, weit vor der Gerechtigkeit zu stehen. Verbaler Maximalismus ersetzt die Kontroverse, Übertönen ersetzt das Zuhören. Die eigene Überzeugung, Recht zu haben, legitimiert nach meinem freiheitlichen Verständnis jedoch nicht die Bevormundung einer Gesellschaft. Ebenso wenig legitimieren selbst behauptete edle Beweggründe für das eigene Handeln die Schädigung anderer.
Als Initiative von Motorradfahrern für Motorradfahrer sind wir naturgemäß bestrebt, uns nicht über unsere Themenbereiche hinaus zu politisieren, sondern vielmehr den Fokus auf unsere Ziele zu richten. Die um sich greifende politische und gesellschaftliche Spaltung wird diesbezüglich mehr und mehr zu einer Herausforderung. Auch oder gerade als Biker sind wir von politischen Entwicklungen betroffen. Es schmerzt mich, wenn Biker nicht mehr mit Bikern reden, weil sie bei politischen Reizthemen auf ihren Standpunkten beharren. Je tiefer wir uns spalten lassen, desto unfreier werden wir sein. Das gegenseitige Vertrauen schwindet und damit bröckelt die Basis des Zusammenhalts. Zweifellos ist das Nutzen der Freiheit kein Selbstläufer, erfordert es doch ein Mindestmaß an Toleranz, Eigenverantwortung und Mut. Alles Bestandteile der üblichen Biker-DNA, möchte man meinen. Was ist also passiert, dass auch wir uns die Freiheit der Selbstbestimmung nehmen lassen und der widerlichen Haltungsheuchelei auf den Leim gehen?
In unfassbarer Übergriffigkeit wird uns täglich auf allen Kanälen eingetrichtert, was wir wie zu finden haben, mit wem wir uns solidarisieren müssen und wen es zu ächten gilt. Mit Verlaub…ich pfeife darauf. Wenn ich einem Menschen helfe, tue ich es, weil ich es möchte. Die dankbaren Augen des Empfängers sind mir tausend Mal mehr wert als öffentliche Lobhudelei. Wenn ich anderer Meinung bin, sage ich es meinem Gegenüber und fahre mit ihm trotzdem Motorrad. Weil uns in unserer Leidenschaft mehr verbindet, als uns in den Ansichten trennt. Wenn ich Ungerechtigkeit empfinde, unternehme ich etwas dagegen. Weil Untätigkeit dem Nichtnutzen meiner Freiheit gleichkäme. Was spricht dagegen, wenn wir als Biker uns die Freiheit gönnen, unser Leben so zu gestalten, wie es der Gerechtigkeit und den eigenen Überzeugungen entspricht? Selbstredend immer in der Kombination.
Eine Zuschrift eines Facebook Nutzers brachte kürzlich die Erkenntnis, dass uns die Verwendung des Adjektivs „freiheitlich“ in unserem Briefkopf schon sehr verdächtig machen würde. Nach kurzem Nachdenken wurde uns klar, dass wir Eines sehr gern und aus tiefster Überzeugung sind und bleiben werden – ein Verdachtsfall Freiheitsliebe.

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