Allgemein

Minderheiten stehen hoch im Kurs. Die omnipräsente mediale und gesellschaftliche Überhöhung verschiedenster Kleinstgruppierungen dürfte den Gehypten zu Weilen selbst unheimlich sein. Respekt, Rücksichtnahme und Beachtung auf allen Ebenen ist garantiert. Vom Werbespot, über die Sprache bis zur flotten Anpassung gesetzlicher Regelungen ist alles auf höchste Wohlfühlstufe programmiert. Der Überbietungswettbewerb im Hofieren attraktiver Minderheiten dreht am roten Bereich.  Klingt so weit richtig gut, zählen Biker doch auch zu den Minderheiten in unserem Land. Dummerweise jedoch zu den unattraktiven. Entsprechend schmal fallen öffentliche Sympathiebekundungen aus, zudem ist der Wind an der Seite Geächteter rau.

Während sich attraktive Minderheiten hervorragend zum öffentlichkeitswirksamen Streuen von Rosenblättern eignen, bieten sich die unattraktiven nicht minder offenkundig zum hemmungslosen Entleeren der Mistkübel über ihnen an. Klar, irgendwie muss ein Ausgleich her. Umso schöner, wenn die Begossenen in der Duldungsstarre verharren oder gar zur Selbstzerfleischung ansetzen. Ersteres dokumentiert sich in der Untätigkeit der von Hetzjagd und Diffamierung betroffenen, zweiteres in den Schuldzuweisungen untereinander. Unsere große Motorradfamilie ist von beidem geplagt.

Nun können wir gemeinschaftlich weiter jammern und in gebückter Haltung der selbst zugewiesenen Opferrolle frönen, oder wir richten uns mal für einen Moment auf, atmen durch und schärfen den Blick. Insbesondere den füreinander. Bevor wir bis zum jüngsten Tag auf Solidarität aus Politik und Gesellschaft warten, leben wir sie doch lieber untereinander. Die Zeiten waren nie besser dafür. Finanzielle Nöte, Kriegs- und Existenzängste, gesundheitliche Einschränkungen und soziale Verwerfungen, die Liste der menschlichen Belastungen ist lang. Als Motorradfamilie werden wir gesellschaftspolitische Probleme nicht lösen, aber wir können die Auswirkungen mildern und die daraus resultierende Spaltung verhindern. Ob es das Zusammenlegen für die Tankfüllung eines Bikerkollegen, das offene Ohr für die Angst der Motorradfreundin vor dem Jobverlust oder das Planen der gemeinsamen Tour zum Wohnort des gesundheitlich angeschlagenen Crewmitglieds ist, jedes solidarische Zeichen löst beim Empfänger das Gefühl aus, nicht allein zu sein.

Am nächsten Samstag, den 10.09.2022 findet in Berlin die diesjährige Freedom is our Religion statt. Eine ausdrücklich für alle Motorradfahrer offene Veranstaltung, auf der weder Club- noch Parteipolitik im Mittelpunkt stehen. Ein persönliches Bild ist nachhaltiger als ein erzeugtes Vorurteil, insofern gibt es bis auf unnötige Voreingenommenheit bei der Teilnahme an der Veranstaltung nichts zu verlieren. Gewinner ist die Motorradfamilie schon deshalb, weil erneut Biker jeder Kategorie Seite an Seite stehen werden. Elementar für uns alle, denn Solidarität ist keine Einbahnstraße.

Schreibe einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind mit * markiert.

Beitragskommentare